Hunde, die einem menschlichen Individualgeruch durch urbanes Gelände folgen, sind wahre Multitasking-Wunder. Die städtische Umgebung mit ihrer Bebauung, den zahlreichen Passanten, Gerüchen und Geräuschen ist voller Ablenkungen. Da ist die zweifelnde Frage, ob der eigene Hund auch trailen könnte, nur berechtigt.
Einen guten Personenspürhund zeichnet einiges mehr aus als eine gute Nase – die hat ein durchschnittlicher Hund mit ca. 220 Millionen Riechsinneszellen sowieso. Als Familienhund setzt er sie jeden Tag ein: Er riecht unsere Stimmung, Gesundheit, die Nachbarkatze oder eine läufige Hündin aus der Gegend. Sein außerordentliches Geruchsvermögen in unsere Dienste zu stellen, muss er hingegen erst noch lernen.
Konzentration ist gefragt!
Wenn ein Hundehalter seinen Hund zu einem guten Mantrailer ausbilden will, sollte er zunächst Basisarbeit leisten. Was heißt das? Anfangs ist es wichtig, durch gezielte Übungen, die fernab von lauten Kommandos sind, die Aufmerksamkeit des Vierbeiners zu fokussieren. Darauf, was der Mensch möchte, auf das Lösen einer schwierigen Aufgabe wie etwa Balancieren oder das ruhige Verharren an einem zugewiesenen Ort. Diese Vorarbeit schult die Konzentrationsfähigkeit eines Hundes ähnlich der eines Grundschülers. Mithilfe dieser Kompetenz wird es ihm später leichter fallen, einem Individualgeruch auch für längere Zeit und unter Ablenkung zu folgen. Entgegen einiger Vorurteile verhält es sich nämlich so: Ein Hund mit durchschnittlicher Nasenleistung und hervorragender Konzentrationsfähigkeit ist einem Hund mit besserem Riechvermögen, der sich aber nicht konzentrieren kann, beim Trailen haushoch überlegen.
Grenzen geben Sicherheit
Ein Hund, gleich welcher Rasse, der gut erzogen ist, bringt bereits beste Voraussetzungen mit, um zu einem guten Mantrailer zu werden. Erziehung bedeutet jedoch nicht Konditionierung á la absolutem Gehorsam. Der Hund soll stattdessen seine Grenzen kennen. Sie geben ihm den Rahmen, innerhalb dessen er sich frei bewegen darf und soll. So weiß er zum Beispiel, dass es tabu ist, etwas vom Boden zu fressen, grundlos zu bellen oder Radfahrer zu jagen. Hat er diese Grundregeln verinnerlicht, so sind diverse Störfaktoren auf dem Trail bereits im Vorfeld ausgeschlossen.
Wille zum Finden
Es gibt Hunde, die nach Aufnahme des Geruches lustlos und pendelnd lostrotten. Zwischendurch bleiben sie immer wieder stehen oder sehen sich nach dem Hundeführer um. Wenn sie irgendwann und nur durch große Hilfestellung des Menschen ihre Versteckperson finden, verzehren sie ebenso beiläufig ihre Belohnung. Begeisterung über den gefundenen Menschen? Fehlanzeige.
Dem gegenüber gibt es Hunde, die den Fremdgeruch an ihrem Hundeführer bereits beim Ausladen aus dem Auto aufnehmen und sofort mit der Orientierung beginnen. Die Gabe des Geruchsartikels ist nur lästige Routine, sie wissen bereits, wo es langgeht und müssen vom Hundeführer gebremst werden. Beim Finden sind sie begeistert, möchten die Versteckperson anspringen und berühren. Diese Hunde haben im Gegensatz zu den ersten das, was man Finderwillen nennt. In der Rettungshundearbeit ist auch die Rede von Opferbindung. Eine solche Begeisterung für Menschen bringen natürlich nicht alle Hunde in derselben Ausprägung mit. Dennoch ist es möglich, auch sie mit Spiel und Füttern durch viele verschiedene Menschen – vor allem die gefundenen – für die Zweibeiner einzunehmen.
Konzentrationsfähigkeit und Finderwillen sind also zwei elementare Kompetenzen eines Mantrailers.
Mantrailing: Wirklich etwas für jeden Hund?
Diese Frage ist nach wie vor mit ja zu beantworten. Dennoch gibt es Einschränkungen. So sollten Größe und Gewicht von Hund und Halter in einem ausgewogenen Verhältnis stehen. Ein motiviert trailender Hund legt sich mit vollem Gewicht und Vorwärtsdrang in sein Geschirr. Dem muss der Mensch am anderen Ende der Schleppleine schon gewachsen sein! Ein weiterer Aspekt ist und bleibt die Rassenzugehörigkeit: Kurznasige Hunde wie Boxer oder Französische Bulldoggen sind durch ihre verkürzten Atemwege gegenüber anderen Hunden in puncto Riechleistung benachteiligt. Das hält sie dennoch keinesfalls davon ab, auf Beschäftigungsebene kurze Trails gekonnt zu meistern. Ein Rettungshund werden sie allerdings nie werden – sie bringen die körperlichen Voraussetzungen für diese anstrengende Arbeit einfach nicht mit. Wirklich schlimm ist das natürlich nicht: Wir Menschen taugen auch nicht alle zum Leistungssportler! Aus ähnlichen Gründen sind sehr kurzbeinige Hunde im Freizeitbereich ebenfalls wesentlich besser aufgehoben. Hier bekommen sie ihre Erfolgserlebnisse durch das Arbeiten von Distanzen, die zu ihrem Körper passen.
Jeder, der Lust und Zeit hat, mit seinem Hund einer faszinierenden Beschäftigung nachzugehen, trifft mit Mantrailing die richtige Wahl. Nasenarbeit ist für alle Hunde etwas sehr Natürliches, das nicht nur körperlich, sondern auch geistig auslastet. Und ein ausgelasteter Hund ist, wie jeder Halter weiß, ein zufriedener Hund.